Um den ökonomischen Hintergrund eines Verbots der Abgabeerleichterung zu erhellen, ist zunächst auf die Begründung der Strompreiszulage zu verweisen. Nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG), einem deutschen Sondergang innerhalb der Europäischen Union, wird Erzeugern von Strom aus alternativer Energie, insbesondere Solarenergie und Windkraft, eine feste Vergütung garantiert, die weit über dem Marktpreis auf dem Strommarkt liegt. Der hohe Vergütungspreis soll insbesondere die teuren Investitionen in solche Anlagen finanziell absichern. Die Differenz zwischen staatlicher Vergütung der alternativen Stromerzeugung und dem aktuellen Marktpreis des Stroms wird dann durch einen Aufschlag auf den Marktpreis ausgeglichen. Je niedriger der Marktpreis sich bewegt, umso höher ist der Differenzbetrag.
Die zentrale Komponente der Abgabenhöhe ist jedoch die Menge des alternativ erzeugten Stroms. Wird der Alternativstrom in jeder Menge abgenommen, steigt mit der Produktionshöhe das Gesamtvolumen der Subvention. Insbesondere in den sonnigen Zeiten besteht beispielsweise eine Überproduktion von Solarstrom, für den allerdings gleichzeitig witterungsbedingt weniger Bedarf besteht. Nach den Gesetzmäßigkeiten des Marktes führt ein erweitertes Angebot bei zusätzlich nachlassender Nachfrage zu doppelt verstärkten Preissenkungen. Es verwundert nicht, dass im letzten Jahr der gesamte Solarstrom am Markt nur 2 Milliarden Euro wert war. Gefördert wurde er mit dem zehnfachen Betrag. Technisch zwingt die Überproduktion des Solarstroms sogar dazu, den Strom teilweise an ausländische Stromhändler zu verschenken, um das Netz zu entlasten. Paralleles gilt für Windkraftanlagen.
Solange bei der alternativen Energiegewinnung keine kostengünstigen Speichermöglichkeiten bestehen, lässt sich die Preisspirale nach oben nur durchbrechen, wenn der staatlich garantierte Einspeisungspreis gesenkt wird. Eine sinkende Vergütung führt jedoch zu nachlassenden Investitionen in die alternative Energieerzeugung. Die politischen Vorgaben des EEG sehen dagegen eine zunehmende Ausweitung auf bis zu 35 Prozent des Gesamtstrombedarfs im Jahre 2020 und 50 Prozent bis 2030 vor. Weitere Erhöhungen der Öko-Strompreis-Abgaben wären damit vorprogrammiert. Der hohe Strompreis führt jedoch schon jetzt zur Notwendigkeit, die Stromnachfrager mit hohem Bedarf von der Abgabenlast zu befreien. So wird die Abgabe der Großindustrie auf 0,05 Eurocent pro Kilowattstunde begrenzt. Andernfalls drohen diese Unternehmen, ihre Produktion in das Ausland zu verlagern und damit Arbeitskräfte in Deutschland abzubauen.
Die Beihilferegelung für die großen Stromverbraucher hat nun den Wettbewerbskommissar der Europäischen Union Joaquin Almunia veranlasst, ein Prüfverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Zu seinen Aufgaben zählt die Kontrolle des fairen Wettbewerbs innerhalb der EU. Die rasche Reaktion der Bundeskanzlerin, dem Vorhaben gelassen entgegenzusehen, begründet sie mit dem Vergleich der Strompreise unter den EU-Mitgliedsstaaten. Solange die betroffenen deutschen Unternehmen auch nach Abzug ihrer Begünstigungen noch höhere Preise bezahlen müssten als in den europäischen Nachbarstaaten, glaubt sich die deutsche Regierung vom Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung verschont. Allerdings trifft diese Argumentation nur die halbe Wahrheit.
Ebenfalls Aufgabe der EU ist die Überprüfung der Wettbewerbssituation innerhalb der Mitgliedstaaten. Hier besteht in Deutschland schon die offene Frage, wann ein Unternehmen der Strompreisentlastung bedarf und wann nicht. Schließlich ist durch die EU-Verträge beispielsweise auch den lokalen Backbetrieben ein fairer Wettbewerb gegenüber der potentiellen europäischen Konkurrenz zugesichert. Werden alle deutschen Unternehmen von der Strompreisabgabe befreit, liegt die Last allein beim Konsumenten. Die Strompreisabgabe mutiert dann zu einer speziellen Stromsteuer, den allein der Endverbraucher zu tragen hat – für die Konsumenten in zunehmend unerträglicher Höhe. Eine konsequente Überprüfung der deutschen EEG-Regelung durch die EU könnte damit vor allem den deutschen Privathaushalten helfen.
Im Hintergrund steht allerdings auch eine EU-Kritik am deutschen Sonderweg der alternativen Energiegewinnung schlechthin. Im Kern wird der hohe deutsche Strompreis kritisiert, der in den anderen Ländern durch eine kostengünstigere Stromproduktion vermieden wird. Der Hauptgrund ist die dortige Beibehaltung der Stromerzeugung aus Kernenergie, die selbst in Anbetracht der politisch künstlich aufgeblähten Sonderkosten nach wie vor die kostengünstigste Form der Energiegewinnung beinhaltet. Die Pläne Großbritanniens, Frankreichs und Finnlands zum Bau neuer Kernkraftwerke stehen durchaus im Zusammenhang mit der EU-Kritik am deutschen EEG. Dadurch wird letztlich das gesamte deutsche Vorhaben zum Ausstieg aus der Kernenergie als Wettbewerbsverzerrung angesehen.
Sollte die EU-Überprüfung zum Ergebnis kommen, dass die staatliche Preisintervention auf dem deutschen Strommarkt zu verbieten ist, könnte dies der deutschen Regierung durchaus willkommen sein. Bietet sich damit doch eine elegante Möglichkeit, das Ende der Energiewende einzuleiten. Denn eine Beibehaltung der EEG-Zielsetzung wird die deutschen Stromverbraucher in den kommenden Jahren gnadenlos bis zur Zahlungsunfähigkeit zur Kasse bitten.