Mit dem einheitlichen europäischen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, kurz SSM) hat die EZB im November 2014 die Aufsicht über Banken innerhalb der Euro-Zone übernommen, deren Bilanzsumme oberhalb 30 Mrd. € liegt oder 20 % der Wirtschaftsleistung eines Landes ausmacht. Zahlreiche Notenbanker, allen voran Bundesbankpräsident Jens Weidmann sahen dadurch von Anfang an die Unabhängigkeit der Notenbank gefährdet. Prof. Isabel Schnabel bewertet zwar den SSM an sich positiv, obwohl dadurch die Aufsicht dem Einfluss der nationalen Politik maßgeblich entzogen wurde, kritisiert jedoch, dass in der internen Hierarchie, trotz eines eigenen EZB-Aufsichtsgremiums, das letzte Wort beim EZB-Rat liegt. Die renommierte Bankenspezialistin sieht darin die Gefahr, dass geldpolitische Instrumente genutzt werden, um Fehler in der Bankenaufsicht zu kaschieren oder makroprudenzielle Instrumente, deren Einsatz aus Sicht der Finanzstabilität geboten wäre, mit Rücksicht auf die geldpolitischen Ziele nicht zum Einsatz kommen, wobei sie letzterem Aspekt gerade im derzeitigen Umfeld ein erhöhtes Gefahrenpotential zuschreibt.
Angesichts der bestehenden Interessenkonflikte plädiert der Sachverständigenrat, die Bankenaufsicht aus der EZB herauszulösen und empfiehlt eine Aufsicht, die für alle Sektoren – Banken, Versicherungen, Finanzmärkte – zuständig wäre und die mikroprudenzielle, das heißt einzelinstitutsbezogene, und makroprudenzielle, sprich systembezogene, Aufsicht vereinen würde. Allerdings macht die Wirtschaftsweise darauf aufmerksam, dass hierfür eine Änderung der europäischen Verträge erforderlich sei. Ob diesbezügliche Änderungen angesichts der strukturellen Verfestigungen innerhalb des EU-Systems einerseits und der zahlreichen Friktionen der EU-Mitglieder untereinander jedoch eine realistische Option darstellen, darf wohl begründet in Frage gestellt werden. Womit die Frage bestehen bleibt: Quo vadis, Unio Europaea?