Für Ministerin Nahles völlig „überraschend“ kommt die Studie zu der „Schlussfolgerung, dass die höhere Zuwanderung langfristig nichts zum Abbau des Fachkräftemangels beitragen wird“. Zwar erhöhe sich das Wirtschaftswachstum und die Anzahl der Beschäftigten, am Mangel an Fachkräften, der in Deutschland herrscht und der bisher als das Totschlagargument für eine höhere Zuwanderung herhalten musste, ändere sie jedoch nichts.
Obwohl Deutschland mittlerweile das zweitbeliebteste Einwandererland geworden ist, scheint der Anteil derer, die als gut ausgebildete Fachkräfte unserem Land etwas nutzen würden, derart gering zu sein, dass selbst die Bundesarbeitsministerin nicht umhin kommt, dies zuzugestehen. Jedoch nicht ohne trotzdem darauf hinzuweisen, dass, obwohl das eigentliche Ziel bereits jetzt völlig verfehlt ist, die Zuwanderung dennoch „positive Effekte“ habe.
„Unter den heutigen Bedingungen wird die Zahl der Erwerbspersonen bis 2050 um acht Millionen zurückgehen“, so die Studie. Dies würde einen Rückgang von einem Fünftel des heutigen Arbeitskräfteangebots bedeuten. Es könne aber gelingen, so Nahles, den Rückgang bis 2030 auf eine knappe Million zu begrenzen, wenn eine jährliche Nettozuwanderung von dreihunderttausend Ausländer nach Deutschland erreicht würde. „Die Studie zeigt: Wir brauchen weiterhin hohe Zuwanderung.“ Bisher lag der Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte bei rund 200.000 Zuwanderern. Erst seit der eingeführten Arbeitnehmerfreizügigkeit steige die Zahl an. Allerdings ist Deutschland vor allem für Osteuropäer und Menschen aus den Krisenländern wie Spanien, Griechenland und Italien attraktiv, wovon nur die wenigsten die Qualifikationen aufweisen, die hier benötigt werden.
Um den Anteil derer zu erhöhen, die tatsächlich gut ausgebildet sind, macht sich Nahles, ebenso wie die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) für ein Einwanderungsgesetz stark. „Es ist eine Doppelstrategie: das inländische Arbeitskräftepotenzial besser nutzen und gleichzeitig um gut qualifizierte Menschen aus dem Ausland werben. Beides gehört zusammen“, so Özoguz.
Bundesfamilienministerin Schwesig möchte den Mangel an Arbeitnehmern durch Ältere und Frauen bekämpfen. „Noch immer verschenken viele Unternehmen großes Potential, wenn sie auf die qualifizierten Frauen verzichten.“ Die Wirtschaft verlasse sich noch immer darauf, dass der Mann Vollzeit gehe und die Frau für die Kinder sorge. „Allzu häufig geht die Arbeitswelt noch von einem völlig überholten Familienmodell aus. In Wahrheit wollen die meisten jungen Frauen Kind und Job. Und viele junge Männer wollen selbstverständlich gleichberechtigt für ihre Kinder da sein. Diesem Wandel müssen wir Rechnung tragen“, so Schwesig.